Tag 18 (17.05.11) – Carlotta fällt in Ohnmacht

Heute wären wir mit dem Flieger heimgekommen, wenn alles regulär geklappt hätte mit der Rallye. Hat es ja aber nicht.
Heute Morgen haben wir pünktlich um 9:00h das Hotel in Edirne verlassen, um durch eine kleine Seitenstraße “einmal kurz den Duft der Straße da hinten zu schnuppern” (O-Ton Maren). Die duftete tatsächlich nach Mokka und anderen exotischen Dingen. Maren bestellte uns auch gleich einige Mokka, von denen allerdings erstmal nur einer geliefert wurde. Während die Nachbestellung lief, machten sich Maren und Jogi schon auf den Weg, um vielleicht schnell noch eine Wasserpfeife zu kaufen (“muss man ja ausnutzen, dass man mal nicht mit dem Flieger da ist und alles Mögliche mitnehmen kann”). Ergebnis: Während Christine, Michael, Tim und ich auf den Mokka warteten, den wir an sich gar nicht haben wollten, zogen die anderen beiden durch die Straßen, beguckten sich Edirne Downtown und kauften Shishas. Freudestrahlend kamen sie mit den beiden Prachtexemplaren nach einer halben Stunde an und konnten nicht verstehen, warum wir unsere Begeisterung nicht so zeigen konnten. Dann musste natürlich noch der passende Tabak dafür gesucht werden. Sie wurden dabei aber irgendwie von Pontius zu Pilatus geschickt und kehrten nach einer Viertelstunde unverrichteter Dinge zu den Autos vorm Hotel zurück. Ein bisschen ausgleichende Gerechtigkeit. Mit einer Stunde Verspätung kamen wir endlich los, und obwohl wir an sich nur Kilometer über den Balkan machen wollten, kamen wir doch nicht so recht voran.

Die Bulgarische Grenze wurde zwar zügig überwunden, aber schon dort tat sich das erste Problem auf: Carlotta fing mitten in der Grenzanlage im Niemandsland plötzlich an zu stottern und ging aus. Bruno schleppte sie durch die weitere Prozedur, während der wir nicht mehr als unbedingt nötig kontrolliert wurden. Die Zöllner hatten wohl Angst, dass sie noch mit hätten helfen sollen. Erster Lichtblick nach vielen Tagen Türkei und ganz vielen nur türkischen Schildern und Wörtern: An einem bulgarischen Grenzerhäuschen prangte ein Schild “Schalter 13”. Der erste Keim Heimat.

Gott sei Dank bewahrheitete sich der Verdacht, dass lediglich Spritmangel für Carlottas Ohnmacht verantwortlich war. Direkt hinter der Grenze fanden sich genug Tankstellen, um die Vorräte aller Fahrzeuge wieder zu ergänzen. Mit Carlottas röhrendem Auspuff zogen wir durch den Süden Bulgariens. An sich hatten wir auf viel Autobahnstrecke gehofft, aber im Autobahnnetz Bulgariens klaffen die Löcher wie die Schlaglöcher auf den Landstraßen dazwischen. Das gab uns andererseits die Möglichkeit, nach einem “Auspuch-Servis” (wie sowas in Serbien heißt) zu suchen. Der war auch rasch gefunden, der Oberschrauber konnte etwas Deutsch und bevor wir unseren Kaffee im negenliegenden Lokal ausgetrunken hatten, war das Loch zugeschweißt, Carlotta war ruhig, wie es sich für eine Dame in ihrem Alter geziemt. Inklusive Kaffee betrug die Rechnung 20,- Euro. Die werden hier auch gerne statt Lewa genommen.

Irgendwo vor Plovdiv begann dann wieder die Autobahn. Und kurz danach auch wieder Brunos Pumpeninsuffizienz. Also schnell die Zwanzig Minuten gewartet, aber dieses Mal kam Bruno nur röchelnd wieder hoch. Carlotta durfte ihn also die nächste Ausfahrt gleich wieder runterschleppen von der Autobahn zum nächstbesten Schrauber. wir fragten uns von Schrauber zu Schrauber durch, bis wir auf einem großen, aber leicht zwielichtigen Hinterhof landeten, auf dem etliche Schrauber in Symbiose vor sich hin werkelten. Allerdings mit teilweise verblüffend modernen und teuren Geräten. Zunächst hatten wir kein rechtes Vertrauen in den Mann, der uns etwas von an sich noch viel größeren Schäden weiß machen wollte. Als Michael in den Dialog einstieg, klarte die Lage auf: Der Mann hatte gar nicht mal Unrecht und so simpel, wie wir gedacht hatten, war das Problem tatsächlich nicht.

Unser mitgebrachtes Ersatzteil, das wir seit dem Ende der Fährfahrt bzw. dem Ende der Rallye mit uns führten, nachdem Tim gelungen war, es Team 1 abzuschwatzen (großer Dank an dieser Stellen noch einmal an das Team “Nomaden Schwaben”!!!) wurde jedenfalls eingebaut und die Reise konnte fortgesetzt werden.

“Alfons” schaut sich das ganze Werkstatttreiben immer von draußen an und reißt gemütlich seine Kilometer ab. Selbst Michaels Beschleunigungs- und Ausdreh-Orgien stören ihn nicht. Vielleicht hat Michael auch damit Recht, wenn er sagt: “Das ist ein Merceders, der verträgt das.”

Unser Planziel erreichen wir aber natürlich nicht und bleiben kurz hinter Belgrad in Sremska Mitrovica gegen 24:00h hängen. Wir fragen uns zu einem Hotel durch und landen im ehemaligen Vorzeigeobjekt des real existieren habenden Sozialismus, einem 8-stöckigen Betonbau, der liebevoll erhalten und gepflegt, aber nie wirklich renoviert worden ist. Wenn Titos Geist irgendwo noch durch die Gänge schwebt, dann hier! Wir genießen die Atmosühäre und tolerieren die mittlerweile unübersehbaren Defizite.

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